Interne vs. Externe Konflikte

Diesen Monat beschäftigen wir uns mit externen und internen Konflikten und zeigen dir, wie du das Konzept nutzen kannst, um deine Geschichte spannender zu gestalten.

Im Lektorat achten wir neben Logiklücken, Figurenentwicklungen und stilistischen Feinheiten natürlich besonders auf eine Sache: den Inhalt deines Buches. Hat die Geschichte Schwachstellen? Ist das Ziel nachvollziehbar, gibt es einen roten Faden? All das ist verbunden mit der Frage nach dem Konflikt der Geschichte. Ein Buch komplett ohne Konflikt wird in den meisten Fällen als langweilig wahrgenommen werden, denn damit fallen auch Ziele und Entwicklungen weg, die darauf aufbauen.

Immer wieder unterhalten wir uns mit unseren Autor:innen bei der Frage nach Konflikten nicht nur darüber, welche wo passend sind, ausgebaut werden müssen, wie viele einem Buch guttun, sondern insbesondere darüber, was diese Konflikte ausmacht. Hierfür benutzen wir im Austausch unter den Wortverzierern die Begriffe interner und externer Konflikt. Was das bedeutet und wie du das Wissen darum nutzen kannst, erfährst du jetzt!

1. Was sind eigentlich Konflikte?

Konflikte sind die Essenz einer jeden Geschichte – der Stolperstein, den es zu überwinden gibt. Charaktere, die keine Konflikte überwinden müssen, werden von Lesern schnell als sogenannte Mary-Sues oder Gary-Stues empfunden. Protagonist:innen, die ohne Schwierigkeit alles können. Das macht ein Buch langweilig. Deshalb ist es wichtig, den Konflikt, also diese alles entscheidende Hürde, sorgfältig aufzubauen. Konflikte lassen sich auch immer wieder herunterbrechen, meist gibt es mehrere pro Buch und sie alle tragen im Idealfall zur Entwicklung der Charaktere oder zum Voranschreiten der Storyline bei. Wir wollen uns im Folgenden auf die Kernkonflikte für Geschichten fokussieren, die ein Buch die gesamte Zeit über tragen.

2. Was sind externe Konflikte?

Externe Konflikte fallen je nach Genre unterschiedlich aus. Schreibst du einen historischen Liebesroman, in dem es um eine verbotene Liebe geht, wäre ein externer Konflikt zum Beispiel das Gesellschaftsbild, das verhindert, dass beide zusammenfinden und offen ihre Liebe zeigen dürfen. In „Die Tribute von Panem“ wird der externe Konflikt vom Kapitol gesteuert – der Konflikt besteht darin, wie das Kapitol die Distrikte behandelt und der Extrempunkt des Konflikts sind die Hungerspiele. Gerade in Dystopien sind externe Konflikte sehr leicht zu erkennen – sie sind zu 99% der Zeit in der unterdrückenden Macht begründet. Diese ist die Hürde, und jedes Mal, wenn sich jemand gegen diese auflehnt, wird daraus der Konflikt.

3. Was sind interne Konflikte?

Alle Autor:innen, die für ihre Romane schon Lektorate bei Klaudia hatten, dürfen jetzt mal aufstöhnen, denn die am meisten gestellte Frage im Lektorat ist immer: „Und was fühlt er/sie dabei?“ Interne Konflikte finden auf der Gefühlsebene der Charaktere statt, sind also ein internes Vorgehen in Gedanken und Emotionen. Stark vertreten und leicht zu finden sind sie im klassischen Liebesroman. Das Trope „Enemies-to-Lovers“, also Feinde, die zu Liebhabern werden, nutzt diese Konfliktebene sehr stark. „Ich hasse ihn, aber irgendetwas an ihm reizt mich so sehr, dass ich innere Hürden überkommen muss, bis ich mich in ihn verliebe und es mir eingestehen kann“ ist eine sehr verbreitete Denkweise.

4. Gibt es Mischformen?

Und ob! Nehmen wir eine der zeitlosesten Liebesgeschichten als Beispiel: In „Romeo und Julia“ besteht der externe Konflikt darin, dass die Montagues und die Capulets verfeindet sind bis aufs Blut. Zum Tragen kommt das aber erst in Kombination mit dem internen Konflikt: Romeo und Julia, abstammend aus je einer der Familien, verlieben sich, wissen aber, dass ihre Familien das nie gutheißen würden. Der externe Konflikt würde ohne den internen ziemlich nutzlos im Raum stehen – joa, dann sind sie eben verfeindet, na und? -, während der interne ohne den externen seine Wirkkraft verlieren würde: Ohne die Feindschaft müssten Romeo und Julia nicht zu drastischen Mitteln greifen und könnten einfach zufrieden miteinander leben. Erst die Verbindung macht die Situation so kompliziert.
Viele Geschichten nutzen Mischformen der Konflikte und manchmal sind sie gar nicht so leicht zu trennen. Das macht sie so spannend!

5. Wie nutze ich das als Autor:in?

Wenn wir für unsere Autor:innen Plotcoachings geben, nutzen wir gern die Methode, dass sie sich drei Hürden ausdenken sollen, die im Buch überwunden werden müssen. Diese sind natürlich sehr abhängig vom Genre der Geschichte, deshalb gibt es hier keine allgemeingültige Lösung.

Aber sich in Erinnerung zu rufen, was das Ziel des Romans ist und was die einzelnen Protagonist:innen mehr als alles andere wollen, ist ein hilfreicher Ansatz dafür. Wenn diese Ziele vereitelt werden oder es auch nur den Anschein macht, wird das Buch spannender. Ihr müsst also den Endpunkt der Geschichte kennen und wissen, welcher Charakter wie zufrieden gestellt wird. Mit externen und internen Konflikten zu spielen, wird diese Zufriedenheit aufs Spiel setzen. Leser:innen leiden aktiv mit den Charakteren mit, weil die Konflikte in dem Moment nicht wahllos im Raum stehen, sondern einem bestimmten Sinn und Zweck dienen, der auf die Story zugeschnitten ist.

Zu viel kann aber auch schnell zu viel des Guten sein. Bei internen Konflikten sollte Autor:innen bewusst sein, dass Menschen festgefahrene Ansichten nicht so schnell ändern und dazu Auslöser und Gründe brauchen. Mehr als zwei interne Konflikte in ein 300-seitiges Buch zu quetschen wird also selten glaubwürdig rüberkommen. Gleichzeitig ist es wenig realistisch, dass man innerhalb von 500 Seiten drei Systeme zum Umsturz bringt – auch externe Konflikte sollten also immer im Hinblick auf Realitätsnähe abgeglichen werden. Gibt es genug Zeit im Verlauf des Plots? Wie kommen Charaktere auf die Lösung ihrer Probleme? Sie sollte ihnen nicht einfach in den Schoß fallen, sondern Konflikte sollten Charaktere aktivieren – sie sind schließlich das, was die Charaktere überwinden, statt den Kopf in den Sand zu stecken. Dann werden Leser:innen Charakteren auch den Sieg, ihr Ziel, mehr gönnen.

Also beachten wir:

  • Konflikte – egal ob extern oder intern – sollten mit Zielen und Wünschen der Charaktere in Zusammenhang stehen.
  • Konflikte aktivieren Charaktere und bringen sie dazu, etwas zu tun, um ihr Ziel zu erreichen.
  • Je größer das Ziel, desto größer der Konflikt!
  • Dementsprechend benötigt die Lösung des Konflikts mehr Zeit und mehr Ressourcen – achtet also darauf, dass auch die Länge des Lösungsprozesses das widerspiegelt.
  • Interne Konflikte bringen die Charaktere zum Zweifeln an sich selbst und sorgen dafür, dass Charaktere, ihre Ideale, Vorstellungen und Motivationen hinterfragen. Sie schwächen meist das Selbstbewusstsein der Charaktere, bevor sie es auf eine neue Ebene heben.
  • Externe Konflikte sorgen dafür, dass Charaktere ihre Lebensumstände, Gesellschaften und einzelne andere Personen hinterfragen. Sie festigen meist das Selbstbewusstsein der Charaktere.
  • Mischformen existieren – und machen die Geschichte noch spannender!

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